Geschichte

Parkübersicht, Anke Ewers + Seifersdorfer Thal e.V.

LandschaftsArchitektur Franz, Lepzig 2009

Eine erste überwiegend aus Holz bestehende Turmhügelburg soll auf einer Insel im aufgestauten Tiefen Graben bereits seit dem 12. Jahrhundert bestanden haben. 1208 wird von einer nach einem Brand errichteten Anlage aus Stein berichtet. Bis Ende des 18. Jahrhunderts kam es zu vielfachen Neu-, Aus- und Umbauten; insgesamt können fünf große Bauphasen unterschieden werden. [www.schloss-seifersdorf.de, aufgerufen am 26.03.2010] Nach dem Tod des letzten der Herren von Grünrod, welche Seifersdorf seit dem späten 16. Jahrhundert besaßen, wird der Besitz 1747 an den bedeutenden Premierminister Augusts III., Reichsgraf Heinrich von Brühl, verlehnt. Zu seiner Zeit, um 1750, entsteht das Pächterhaus im Rittergut, jedoch weilt er nie vor Ort. Nach seinem Tod 1763 gelangt der Besitz wegen Hochverrats zunächst zur Pfändung. Später schließen seine vier Söhne verschiedene Erbvergleiche. Als Ergebnis erhält erst 1774 Graf Hans Moritz von Brühl (1746 – 1811) Seifersdorf mit dem inzwischen verwahrlosten Schloss [www.schloss-seifersdorf.de, aufgerufen am 26.03.2010] Er und seine Frau Christina, genannt Tina (1756 –1816) müssen zunächst in Schloss Wachau und ab 1775 im Ritterguts- Pächterhaus Quartier beziehen. 1781 beginnt Tina mit der Ausgestaltung der Anlagen im einen Kilometer südlich von Dorf, Schloss und Herrenhaus gelegenen Tal der Großen Röder. Hier konzipierte sie unter Mithilfe ihres Mannes in etwa 12 Jahren über vierzig Gartenszenen. Der Landschaftsraum mit stark bewegter Topographie, romantisch anmutenden natürlichen Felspartien sowie kleinteiligen Wald- und Wiesenbereichen war dabei Inspiration und Gestaltungsgrundlage zugleich. Zentraler Punkt ist die in Resten noch vorhandene "Hermannseiche" auf dem sogenannten "Burgberg". Der mächtige Baum wurde durch Gestaltung des Umfeldes in Szene gesetzt und sollte als Symbol für die gewünschte nationale Erneuerung Deutschlands dienen. [Seifersdorfer Tal e.V. (März 2008): „Denkmalensemble Seifersdorf“, S.7 (Text: Kathrin Franz)] Am Fuß des Burgberges befindet sich die "Marienmühle", das einzige größere Gebäude innerhalb der Anlagen. In seiner heutigen Form entstand es durch Neubau erst 1852. [Seifersdorfer Tal e.V. (März 2008): „Denkmalensemble Seifersdorf“, S. 8 (Text: Kathrin Franz)] Eng verbunden waren die Brühls mit dem Weimarer Kulturkreis um die Herzogin Anna-Amalia; Kontakte unterhielten sie etwa mit Wieland, Herder und zeitweise auch Goethe. Viele Gartenszenen besitzen ikonographische Bezüge zum Werk der Weimarer Schriftsteller, aber auch zu jenem von Petrarca, Marmortell, Klopstock und Lauwrence Sterne. Der 1781 auf der Festwiese errichtete „Tempel der ländlichen Freuden“ bildete den Auftakt für die gestalterischen Aktivitäten im Tal. [Seifersdorfer Tal e.V. (März 2008): „Denkmalensemble Seifersdorf“, S. 6 (Text: Kathrin Franz)]. Als Vorlagen für die Gartenszenen dienten häufig die Entwürfe in Hirschfelds "Theorie der Gartenkunst".Insgesamt strebten die Brühls eine Förderung von Kunst und Philosophie an. Neben dem Weimarer Dichterkreis waren sie etwa mit dem sächsischen Hofkapellmeister Naumann befreundet, dem ebenfalls ein Denkmal gewidmet ist, und dessen Musik oft im Tal aufgeführt wurde.

Bis zur Mitte des 19.Jahrhunderts entstanden unter dem Sohn der Brühls, Karl, noch einige Gedenksteine, die stilistisch durchaus mit dem Konzept der frühen sentimental-romantischen Landschaftsgestaltung seiner Eltern harmonierten.

Karl von Brühl (1772 – 1837) war in preußischen Diensten Generalintendant der Berliner Schauspiele und später auch der dortigen Museen. So besaß er Kontakt zu Karl Friedrich Schinkel. Der bedeutende Architekt besucht auf seine Bitte 1817 Seifersdorf und entwirft Pläne für einen Umbau des noch unbewohnbaren Schlosses. Zwischen 1818 und 1826 entsteht eine Architektur in zeittypischer neugotischer Formensprache. Zu ihr gehört ein neuer Gebäudeteil mit Theatersaal an Stelle des alten Nordflügels. Erst anschließend konnte die Familie von Brühl ihren Wohnsitz im Schloss nehmen. [www.schloss-seifersdorf.de, aufgerufen am 26.03.2010] Den umgebenden Schlosspark hatte Tina von Brühl jedoch bereits Ende des 18. Jahrhunderts ausgestaltet. Ähnlich wie das Tal der Großen Röder war er kleinteilig durch verschiedene Szenerien geprägt. Es gab Denkmale für Johann Wolfgang von Goethe, Elisa von der Recke und König Friedrich Wilhelm III. von Preußen. Aus dieser Zeit haben sich jedoch nur geringe Reste erhalten. Eine prägende Umgestaltung erfolgte um 1900 nach einer Planung des Dresdner Gartenarchitekten Max Bertram. [Seifersdorfer Tal e.V. (März 2008): „Denkmalensemble Seifersdorf“, S. 15 (Text: Kathrin Franz)] Ausgerichtet auf die Architektur Schinkels entstand eine Gestaltung im gemischten Stil der Zeit.

Ein großzügig geschwungenes Wegesystem erschloss das Gelände. Von einem äußeren „belt-walk“ boten sich durch locker angeordnete Gehölzgruppen diverse Ausblicke auf das Schloss; aufwändige formale Schmuckpflanzung waren vor seiner Hauptfront und in der rückwärtigen optischen Hauptachse angeordnet. Bis heute hat sich neben von Bertram geschaffenen Strukturen ein dendrologisch wertvoller Gehölzbestand erhalten. Schloss und umgebender Park blieben bis 1945 im Besitz der Familie von Brühl. In jenem Jahr wird die letzte Gräfin, Agnes, auf die Insel Rügen verbannt. Schloss und Park werden jedoch erhalten und öffentlichen Nutzungen zugeführt, wenngleich es auch Verluste beim Interieur gibt. Seit 1978 erfolgten wiederholt Instandsetzungsmaßnahme an den Bauten, am Teich und im Park; die öffentlichen Nutzungen wurden fortgeführt. Seit 1995 ist die Gemeinde Eigentümerin. Seit sie einen Verkauf erwog, bemüht sich ein eigener Förderverein um Erhaltung und sinnvolle Nutzung. [www.schloss-seifersdorf.de, aufgerufen am 26.03.2010]

Im Seifersdorfer Tal begannen die Gestaltungen etwa ab Mitte des 19. Jahrhunderts zu verwildern, die Baulichkeiten zu verfallen. Erst seit 1981 trieben engagierte Bürger, darunter Landschaftsarchitekten und Dresdner Studenten des Faches, die Wiederherstellung in Eigenregie voran; später organisierten sie sich im heutigen Verein „Seifersdorfer Thal e.V.“ Nicht zuletzt mit Hilfe einer 1999 gewährten Förderung der Allianz-Umweltstiftung konnten inzwischen große Fortschritte erzielt werden.

Besonderheit

Die Anlagen im Tal der Großen Röder sind ein bedeutendes Beispiel für die kleinräumig strukturierten sentimental-romantischen Landschaftsgestaltungen des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Durch vielfältige erhaltene Strukturen und die in den letzten Jahrzehnten erfolgten Wiederherstellungsarbeiten ist ihr Charakter hier noch besonders eindringlich erlebbar. Kunst- und geistesgeschichtlich wird die Bedeutung durch die zahlreichen Kontakte der Familie von Brühl zum Weimarer Kulturkreis und zu anderen kulturellen Größen, wie dem Dresdner Hofkomponisten Naumann gesteigert. Diese Verbindungen fanden in der Ikonographie zahlreicher Gartenszenen beredten Ausdruck.

Die Architektur des Schlosses Seifersdorf als wichtigstem Bezugspunkt für den umgebenden Park besitzt Bedeutung nicht zuletzt aufgrund der Autorenschaft des Architekten Karl Friedrich Schinkel für den letzten großen Umbau Anfang des 19. Jahrhunderts. Die heutigen Strukturen des bereits durch Tina von Brühl geprägten Parks gehen im Wesentlichen zurück auf eine Gestaltung des Dresdner Gartenarchitekten Max Bertram um 1900. Das hiervon Erhaltene steht dokumentarisch für eine zu dieser Zeit charakteristische Formensprache. Stilistisch bildete die Schöpfung Bertrams durchaus eine stimmige Einheit mit der Architektur Schinkels.